Bundesligatagung der
Ringer in Darmstadt Bericht vom Sachsenringer. Einen Kampf mit harten Bandagen liefern sich am Rand der Matte alljährlich die 50 Vertreter der Erst- und Zweit-Bundesligavereine, wenn es um Struktur und Regeländerungen für die kommende Saison geht. Vorangegangen waren die Mannschaftsrückzüge des ASV Schorndorf (1. Bundesliga Süd), des KSV Unterelchingen (2. Bundesliga Süd) und des AC Heusweiler (2. Bundesliga West). Der AC Goldbach (Meister 2. Bundesliga West) verzichtete auf den Aufstieg und wurde in die Landesklasse Hessen abgestuft. Der KFC Leipzig (1. Bundesliga Nord) und der ASV Mainz (2. Bundesliga West), sowie der KSV Wiesenthal (2. Bundesliga Süd) nahmen als Neunte und Staffelletzte das Abstiegsrecht war. So stand Bundesligareferent Martin Daßler vor der schweren Aufgabe, die Ligen aufzufüllen, aber auch mit einem Spagat zwischen Anforderungen der Nationalkader auf internationalen Matten und den manchmal kontrairen Interessen der Vereine dazu, unter einen Hut zu bekommen. "Es kann kein gesundes Ligasystem sein, wenn Mannschaften zurückgezogen werden und Aufstiegsrechte nicht wahrgenommen werden", kritisierte er am Lieblingskind der deutschen Ringkampffans, der Bundesliga. "Ideen müssen her, um den Ringkampfsport in Deutschland wieder attraktiver zu machen", so Daßler. Wie erwartet, gab es eine lange Diskussion um die Struktur der Bundesligen, wobei besonders die Staffel West im Blickpunkt stand, wo die Fluktuation am Größten war. Während der Tagung entschloss sich die RG Saarbrücken ihr Aufstiegsrecht doch wahrzunehmen, was die Gemüter aus den betroffenen Vereinen beruhigte. Auch in der 1. Bundesliga gelang es dem Bundesligareferenten, beide Staffeln zu füllen. Die KG Rostock/Warnemünde zierte sich lange, tritt nun in der Nordstaffel der deutschen Eliteliga an. Auch einen Wechsel gab es: die RWG Mömbris-Königshofen ringt nun in der Nordstaffel (ein lang gehegter Wusch der Hessen), während die beiden Aufsteiger SC Anger und SV Johannis Nürnberg in die Südstaffel rücken. Aufatmen vorerst bei den Erstligisten bei der Komplettierung ihrer Staffeln, vorerst, wenn da nicht noch eine Reihe Wackelkandidaten wären, die erst noch einen Kassensturz vornehmen, ehe sie ihr endgültiges Jawort beim Bundesligareferenten abliefern. Zu diesen Vereinen gehört auch die KG Greiz/Mohlsdorf. Die Vogtländer haben sich noch Bedenkzeit angesichts ihrer finanziellen Lage auserdungen, benötigen unbedingt noch Sponsoren um die Angehörigkeit zur 1. Bundesliga abzusichern. Hiobsbotschaft per Fax dagegen bei der 2. Bundesliga Ost: Der TRV Berlin zog sein Team zurück. Die Entscheidung der Berliner Türken hatte sich bereits abgezeichnet und die KG Auerbach/Chemnitz rückt als 2. Aufsteiger neben dem SV Luftfahrt Berlin nach. Dennoch wird Auerbach dieses Aufstiegsrecht nach Angaben von Vereinsakteuren nicht wahrnehmen. Die Vertreter des SC Anger versuchten der Aufstiegspflicht aufzuweichen, was von den Delegierten jedoch abgeschmettert wurde. "Wir wollen hier kein Wunschkonzert, bei dem jeder dort ringt, wo es ihm beliebt", so DRB-Vize Englich und die meisten Vereinsvertreter gaben ihm Recht. Gekippt wurde dagegen die dreijährige Aufstiegssperre für Vereine, die ihre Mannschaften zurückziehen. Auch das Regelwerk wurde erneut strapaziert, vor allem die Punktvergabe bei Mannschaftskämpfen sollte verändert werden. Grund waren vor allem die oft unbesetzten Gewichtsklassen. "Der Zuschauer hat das Recht auf zehn spannende Kämpfe", begründet Martin Dassler den Vorschlag, für unbesetzte Gewichtsklassen sechs Zähler an den Kontrahenten zu vergeben, bei Aufgabe, Übergewicht und Disqualifikation fünf und für einen 'normalen' Schultersieg wie gehabt vier Punkte. "Der höchste Sieg, das größte Ziel eines Ringers muss der Schultersieg sein", hielt DRB-Vizepräsident Englich dagegen. Auch die meisten der anwesenden Vereine waren gegen den Vorschlag, das Regelwerk erneut zu verändern, obwohl eine Änderung in vielerlei Hinsicht wohl angebracht wäre (siehe Kommentar). Und noch eine grundlegende Neuerung wurde wohlwollend aufgenommen und an den Bundesligaausschuss weitergegeben: ab dem Jahr 2004 soll ein Zweitstartrecht für Ringer eingeführt werden. Ein Ringer vom RSV Plauen könnte somit durchaus für den AV Germania Markneukirchen in der 1. Bundesliga starten, kann jedoch Einzelturniere weiter für den RSV Plauen bestreiten. Details werden der nächsten Mitgliederversammlung vorgelegt, doch der Vorschlag erntete jetzt bereits Zustimmung. Quelle: Jörg Richter, Sachsenringer. 16.2.2003. Ligastruktur:
Kommentar zur Bundesligatagung im Ringen Ein Ringkampfabend - irgendwo in Deutschlands Bundesligalandschaft. Eine Familie mit zwei halbwüchsigen Kindern lässt Thomas Gottschalks 'Wetten dass' sein und geht zum medienträchtig angepriesenen Punktkampf in die Arena des heimatlichen Ringervereines. Zwei Personen à 8,- € (Erstligapreise!) + zwei Kinder für je die Hälfte, Summa summarum 24,- €. Dazu ein Bierchen für den Vater, ein Gläschen Wein für Mutter, die Youngster süffeln je 2 Limo, dazu 4 Würstchen macht ca. 20 €. Insgesamt gab die Familie vor dem ersten Pfiff ca. 45,- € aus. Dann jedoch Freude aufs Match, wenig später bei der Mannschaftsvorstellung lange Gesichter, denn auf Gegners Seite stehen nur sieben Ringer. Drei davon gaben gleich nach dem Anpfiff auf, am Ende sah unsere Musterfamilie vier halbwegs spannende Kämpfe. Ob wir die vier jemals am Mattenrand wiedersehen? Sicherlich wird beim nächsten Mal Tommy Gottschalk doch vorgezogen. Unsere Musterfamilie erlebte leider keine Seltenheit, der Leistungsschnitt besonders in der 1. Bundesliga ist so groß geworden, das man sich auf Lokalderbys, bzw. Kämpfe gegen unmittelbare Tabellennachbarn konzentriert. Eine abstiegsgefährdete Mannschaft opfert kaum noch ihre besten Ringer gegen Weltklasseathleten eines Titelfavoriten, besonders wenn man eine Woche später gegen einen Abstiegskonkurrenten antreten muss. Wie durch 'Wunderhand' sind dann die Stammkader von ihren schweren Verletzungen wieder genesen. Doch wer hat dabei den schwarzen Peter? Das Spitzenteam, das Meister werden will? Der Abstiegskandidat, der seine Kräfte irgendwo bündelt? In jedem Fall jedoch der Zuschauer. Der DRB hat nun versucht, einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden. Sechs Punkte soll ein Team bekommen, wenn der Gegner in einer der zehn Gewichtsklassen keinen Kämpfer stellt, fünf Zähler für Aufgabe, Übergewicht und Verletzung, für einen Schultersieg vier Punkte - wie gehabt. Doch was ist nach den zahllosen Regeländerungen der vergangenen Jahre überhaupt noch zumutbar? Würde eine solche Entscheidung zur Besserung führen? Sicherlich nur bedingt, statt aufzugeben wird sich dann der Kontrahent einfach auf beide Schultern legen lassen. Auch eine Ernsthaftigkeit einer Verletzung abzuschätzen wäre sehr umstritten - die Delegierten der Bundesligatagung lehnten den Vorschlag ab, blieben lieber beim Bewährten. Doch wie wollen die Ringer unsere Musterfamilie in Zukunft mit ihrer Sportart begeistern ? Der zweifellos richtige Ansatz kam vom DRB-Vize Englich: Vielleicht sollte man nicht darüber nachdenken zu bestrafen, sondern sollte belohnen, wenn sich ein Team auch gegen eine drohende Niederlage stemmt. Mannschaftspunkte sollten auch vergeben werden, wenn ein 'Verlierer' technische Punkte erzielt hat und je nach Kampfpunktdifferenz gestaffelt werden. So motiviert man nicht nur scheinbar Unterlegene die Kämpfe nicht nur im Rückwärtsgang zu bestreiten, sondern umgeht auch die desaströsen 27:0-Ergebnisse, die dann in ein 27:14 münden könnten. Doch auch dies muss natürlich erst wieder einem Zuschauer beigebracht werden, der ohnehin ein Kampfrichterseminar belegen müsste, um sich im Ringkampf zurechtzufinden. Aber warum nicht lieber so, als die oben aufgezeigte Musterfamilie für immer zu verlieren. Quelle: Jörg Richter, Sachsenringer. 16.2.2003. |